Entsprechenserklärung zu Kodexempfehlungen als Anfechtungsgrund (BGH)

Ist die unrich­tige Kodex-Ent­spre­chens­er­klä­rung 161 AktG) eine Ver­let­zung des Geset­zes” iSv 243 I AktG? Das würde im Ergeb­nis bedeu­ten, dass die Emp­feh­lun­gen” des DCGK zu wei­te­ren Anfech­tungs­grün­den wer­den für den Fall, dass der Umgang mit die­sen Emp­feh­lun­gen” nicht kor­rekt erklärt wird. Da die Emp­feh­lun­gen teil­weise über das gel­tende Akti­en­ge­setz hin­aus­ge­hen, eröff­ne­ten sich auf diese Weise neue Feh­ler­quel­len für HV-Beschlüsse (und damit für die Aus­nut­zung durch ein­schlä­gige Klageaktivitäten). 

Der BGH hat in einer heute ergan­ge­nen Ent­schei­dung jeden­falls für die Ent­las­tungs­be­schlüsse im vor­ge­nann­ten Sinne geur­teilt. Aus den Leitsätzen: 

Eine Unrich­tig­keit der gemäß § 161 AktG vom Vor­stand und Auf­sichts­rat abzu­ge­ben­den Ent­spre­chens­er­klä­run­gen” führt wegen der darin lie­gen­den Ver­let­zung von Organ­pflich­ten zur Anfecht­bar­keit jeden­falls der gleich­wohl gefass­ten Ent­las­tungs­be­schlüsse, soweit die Organ­mit­glie­der die Unrich­tig­keit kann­ten oder ken­nen muss­ten. Unrich­tig ist oder wird eine Ent­spre­chens­er­klä­rung gemäß § 161 AktG, wenn ent­ge­gen Ziff. 5.5.3 DCGK (Deut­scher Cor­po­rate Gover­nance Kodex) nicht über das Vor­lie­gen und die prak­ti­sche Behand­lung eines Inter­es­sen­kon­flikts in der Per­son eines Organ­mit­glieds berich­tet wird. Ein sol­cher Inter­es­sen­kon­flikt ent­steht bereits, wenn ein Drit­ter eine Scha­dens­er­satz­klage gegen die Gesell­schaft erhebt, die auf einen Geset­zes­ver­stoß des betref­fen­den Auf­sichts­rats­mit­glieds wäh­rend sei­ner frü­he­ren Vor­stands­tä­tig­keit gestützt wird.” 

Fer­ner hat der Senat in der Kirch/​Deutsche Bank- Ange­le­gen­heit mit wün­schens­wer­ter Deut­lich­keit zur Erstel­lung der nota­ri­el­len Nie­der­schrift, zur Lis­ten­wahl des Auf­sichts­rats und zum Umgang mit dem Frag­recht Stel­lung genom­men. Diese Aus­sa­gen wer­den der HV-Pra­xis hel­fen und ver­mit­teln die nötige Rechtssicherheit. 

  • Pro­to­koll: Ein nota­ri­el­les Haupt­ver­samm­lungs­pro­to­koll (§ 130 Abs. 1 Satz 1 AktG) hat den Cha­rak­ter eines Berichts des Notars über seine Wahr­neh­mun­gen und muss von ihm nicht in der Haupt­ver­samm­lung fer­tig gestellt, son­dern kann auch noch danach im Ein­zel­nen aus­ge­ar­bei­tet und unter­zeich­net wer­den. Urkunde im Sinne des Geset­zes ist erst die von dem Notar auto­ri­sierte, unter­zeich­nete und in den Ver­kehr gege­bene End­fas­sung. Die Über­wa­chung und Pro­to­kol­lie­rung der Stim­men­aus­zäh­lung fällt nicht unter die zwin­gen­den, mit der Nich­tig­keits­sank­tion des § 241 Nr. 2 AktG bewehr­ten Pro­to­kol­lie­rungs­er­for­der­nisse gemäß § 130 Abs. 1, 2 und 4 AktG.”
  • AR-Wahl: Eine Sat­zungs­re­ge­lung, wel­che die Durch­füh­rung einer Lis­ten­wahl der Auf­sichts­rats­mit­glie­der (§ 101 Abs. 1 AktG) in das Ermes­sen des Ver­samm­lungs­lei­ters stellt, ist wirk­sam und kann nicht durch einen Geschäfts­ord­nungs­an­trag ein­zel­ner Aktio­näre, eine Ein­zel­wahl durch­zu­füh­ren, außer Kraft gesetzt werden.”
  • Fra­ge­recht: Die Anfech­tung eines Haupt­ver­samm­lungs­be­schlus­ses wegen Infor­ma­ti­ons­pflicht­ver­let­zun­gen (§ 131 Abs. 1 Satz 1, § 243 Abs. 4 AktG) setzt die kon­krete Angabe der angeb­lich in der Haupt­ver­samm­lung nicht beant­wor­te­ten Fra­gen inner­halb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG vor­aus. Im Aus­kunfts­er­zwin­gungs­ver­fah­ren gemäß § 132 AktG ergan­gene Ent­schei­dun­gen bin­den das Gericht im Anfech­tungs­pro­zess nicht.”

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