Öffentliche Sitzungen des Aufsichtsrats bei kommunalen Unternehmen kraft Satzung

Der Auf­sichts­rat tagt hin­ter ver­schlos­se­ner Tür. Aber die­ser eherne Grund­satz des Gesell­schafts­rechts (§ 109 AktG) gerät bei staat­li­chen bzw. kommunalen
Unter­neh­men in Kon­flikt mit dem poli­ti­schen Bedürf­nis nach Öffent­lich­keit. Hier schwelt schon lange ein Streit zwi­schen der gesell­schafts­recht­li­chen und der kom­mu­nal­recht­li­chen Kon­zep­tion einer good gover­nance”. Denn was macht es für einen Unter­schied mit Blick auf das Bür­ger­inter­esse, ob das Stadt­bad als Eigen­be­trieb orga­ni­siert ist oder eine städ­ti­sche GmbH der Trä­ger ist? Im ers­ten Fall wird dar­über im Gemein­de­rat öffent­lich ver­han­delt, im zwei­ten Fall wird der Auf­sichts­rat bis­lang nicht­öf­fent­lich tagen – doch damit könnte bald Schluss sein, wenn die vom Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rium vor­ge­schla­gene Akti­en­rechts­no­velle zum Gesetz wird. Der Koali­ti­ons­ver­trag hatte zum Regie­rungs­pro­gramm erho­ben, der Grund­satz der Öffent­lich­keit bei kom­mu­na­len Ent­schei­dun­gen im Rah­men der Abwä­gung mit der gesell­schafts­recht­li­chen Ver­schwie­gen­heits­pflicht” möge ein deut­lich höhe­res Gewicht erhal­ten. Die Akti­en­rechts­no­velle setzt diese Vor­gabe um: Für bör­sen­ferne Akti­en­ge­sell­schaf­ten mit staat­li­cher bzw. kom­mu­na­ler Betei­li­gung soll künf­tig die Sat­zung die Ver­schwie­gen­heits­pflicht der Auf­sichts­rats­mit­glie­der und die Öffent­lich­keit der Sit­zun­gen regeln (§ 394 Abs. 4 AktG‑E). Das ist fol­gen­reich für die vie­len GmbHs, an denen Städte und Gemein­den betei­ligt sind, denn die geplante Rege­lung der Öffent­lich­keit durch die Sat­zung gilt auch für sie. 

Die Begrün­dung des Refe­ren­ten­ent­wurfs führt aus: Die Sat­zungs­frei­heit nach § 394 Satz 4 AktG‑E kann die Ver­schwie­gen­heits­pflicht sämt­li­cher Auf­sichts­rats­mit­glie­der voll­stän­dig besei­ti­gen. Auf­sichts­rats­sit­zun­gen kön­nen dann zum Bei­spiel voll­stän­dig öffent­lich abge­hal­ten wer­den. Die Sat­zung kann die Ver­schwie­gen­heits­pflicht aber auch unter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Ver­hält­nisse der Gesell­schaft abge­stuft regeln. So kann sie die Auf­sichts­rats­sit­zun­gen in öffent­li­che und nicht öffent­li­che Abschnitte tei­len. Auch kann etwa bestimmt wer­den, dass alle oder nur einige Auf­sichts­räte der Ver­schwie­gen­heits­pflicht nicht unter­lie­gen, wem gegen­über oder für wel­che The­men oder Teile der Auf­sichts­rats­sit­zung die all­ge­meine Ver­schwie­gen­heits­pflicht gilt und für wel­che nicht.” 

Die Vor­stel­lung, dass unter­schied­li­che Ver­trau­lich­kei­ten bestehen oder bestimmte The­men wei­ter­hin nicht­öf­fent­lich behan­delt wer­den, wird sich in der Pra­xis schwer­lich umset­zen las­sen. Denn bei einem Aus­schluss der Öffent­lich­keit ist der Ver­dacht der Mau­sche­lei, der gerade ver­mie­den wer­den sollte, sofort wie­der da. Da kann man sich die mediale Auf­re­gung leb­haft vorstellen. 

Übri­gens: Die geplante Rege­lung gilt nicht für bör­sen­no­tierte Gesell­schaf­ten mit staat­li­cher oder kom­mu­na­ler Betei­li­gung. Bei der Volks­wa­gen AG oder der RWE AG wird es also keine öffent­li­chen Auf­sichts­rats­sit­zun­gen geben … .

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